Der Fall Samuel

Wie bereits angekündigt, war meine 26. Woche in der Aldea mit Abstand die Emotionalste meiner Wochen. Und der Grund war Samuel beziehungsweise der Arm Samuels.

Wie ihr bereits wisst, hat sich Samuel an seinem 14. Geburtstag, welchen wir am 31.1.2018 feierten, seinen linken Arm gebrochen. Eigentlich verlief alles normal und er trug seinen Gips auch wie angeordnet. Als ich jedoch mit meiner großen Schwester und meinen Freunden verreist bin, schrieb mir meine Educatorin Carmen eine Nachricht, dass sich Samuel seinen Gips selbst entfernt hat und jetzt ohne Gips umherläuft. Sofort schon ich Panik und bombardierte sie mit Nachrichten, dass am nächsten Tag sofort jemand mit ihm zum Arzt gehen muss, da es sein kann, dass der Arm noch nicht verheilt ist und ich erst in 2 Wochen zurückkehre. Ich weiß nicht warum, doch irgendwie war es nicht möglich, das jemand mit Samuel zum Arzt ging, um den Arm zu untersuchen. So verging eine Woche und es startete die Woche von Hermano Pol. Wiederum wurde der Arzt nicht aufgesucht, was schlimme Folgen hatte. Samuel stürzte in der Nacht von Donnerstag auf Freitag schlafend vom oberen Bett eines Stockbettes und brach sich die immer noch leicht gebrochene Hand noch einmal erneut. Endlich ging dann jemand mit ihm zum Arzt und er bekam einen vorübergehenden Gips bis Montag. Montag musste er zurück zum Arzt, da an diesem Tag feststehen sollte, ob er eine Operation braucht oder nicht. Da ich an diesem Montag aber erst so gegen 11 in der Aldea ankam, ging er mit einer Frau vom Oficina zum Arzt. Bei meinem ersten Aufeinanderstoßen mit Samuel gab mir dieser sofort bekannt, dass er am Donnerstag operiert wird, da sein Arm von alleine nicht mehr richtig zusammenheilen würde. Ich nahm es so hin und machte mich auf ins Oficina, da mich die gebeten haben zu kommen. Dort wurde mir dann berichtet, dass Samuel am Dienstag ins Krankenhaus muss, damit die ihm Blutabnehmen können. So ging es für Samu und mich am Dienstag auf zur Blutabnahme. Am Nachmittag konnte ich die Analyse dann abholen.

Da mich das Office gebeten hat, diese Befunde am Mittwoch zu Samus Chirurgen zu bringen, ging es Mittwoch ohne Samu (der ging in die Schule, um nicht zu viele Tage zu fehlen) zum Arzt. Der Arzt kennt mich, er kennt mich gut, weswegen alles was jetzt folgt wahrscheinlich auch so „gut“ ausgegangen ist. Ich ging also zum Arzt und das erste was er mich gefragt hat, war wo ich Samu gelassen habe. Nichtwissend gab ich ihm Bescheid, dass dieser in der Schule ist. Daraufhin gab mir der Arzt bekannt, dass er Samuel heute (also am Mittwoch und nicht am Donnerstag) operieren wollte und das er dies doch ganz deutlich der Frau vom Oficina bekannt gegeben hat. Doch der Arzt hatte denke ich Mitleid mit mir, da es für ihn klar war, dass ich nichts dafür konnte, und regelte es so, dass die Operation trotz vieler Termine in seinem Terminkalender am Donnerstag stattfinden konnte. Und damn begann die Organisation. Barbara, die wegen einem Ausweis von Samu zu mir ins KH kam, und ich mussten mehr oder weniger die ganze OP vorbereiten und organisieren, obwohl dies ganz und klar eigentlich nicht die Aufgabe von Volontärin ist. In Bolivien muss man – anders als in Österreich – alle Medikamente, Infusionen, Messer, Fäden,… vor der OP in einer Apotheke kaufen. Dies mussten wir 2 erledigen. Außerdem mussten wir eine OP- Erlaubnis bezahlen und Samuel abholen, um mit ihm zum Anästhesisten zu gehen. Es ging also zurück zur Schule, um Samu abzuholen und mit dem Direktor der Schule über die bevorstehenden Tage zu sprechen. Zurück in der Klinik stand das Gespräch mit dem Anästhesisten an der Reihe. Dieser checkte Samu durch und gab uns wiedermal ein Rezept mit den Narkosemitteln, die er brauchen wird, damit wir diese einkaufen konnten. Mit dem ganzen Zeug und der Bitte der Ärzte, am darauffolgenden Tag um 7:30 im Krankenhaus zu sein, ging es zurück in die Aldea. Weiters wurde uns mitgeteilt, dass Samu ab dem Mittagessen werden trinken noch essen darf, da es sonst zu Komplikationen bei der Narkose führen könnte.

Donnerstag ging es dann los zum Krankenhaus. Ab da an wich ich nicht von Samus Seite, da ich ganz genau wusste, wie viel Angst ihm das alles bereitete. Er wurde vorbereitet und währenddessen kamen auch alle Personen vom Office im Krankenhaus an. Noch einmal wurde ein Röntgenbild gemacht und dann ging es nach ein paar kleinen Checks für Samu auch schon in den OP. Dies war der erste Moment, an dem ich ihn alleine gelassen habe.

Die Minuten während er operiert wurde wollten für mich persönlich einfach nicht vergehen. Doch dann kam endlich der Chirurg aus dem OP, nahm mich in den Arm und gab mir Bescheid, dass alles gut verlaufen ist. Kurze Zeit später wurde ein weinender Samuel in den Aufwachraum geschoben. Zum Glück konnte ich die Ärzte überzeugen und so durfte ich zu ihm, um ihn zu trösten und für ihn da zu sein. Und es half. Sobald ich an seiner Seite war und ihn berührte, hörte er auf zu weinen und begann ruhiger zu atmen. Ich denke, da wurde den Ärzten erst bewusst, wie wichtig es für Samuel war, dass ich bei ihm war.

Nach 2 Stunden im Aufwachraum ging es dann auf die Normalstation. Samuel war tapfer, aber fing immer mal wieder an zu weinen. Gegen 17:00 kamen dann Eliana vom Office und Robin zu uns ins Krankenhaus, da mich Robin eigentlich ablösen sollte, damit ich mich ausruhen konnte, da er die Nacht im Krankenhaus mit Samuel verbringen würde. Doch als ich mich von Samuel verabschieden wollte, fing dieser sehr stark an zu weinen und flehte mich an zu bleiben. Deshalb ging es nur für eine knappe Stunde zurück in die Aldea, um meine Sachen dort abzuholen. Im Krankenhaus zurück traf ich auf Hermano Pol, der Samu besuchte. Samuel war noch etwas benommen aber freute sich auch, mich wieder zu sehen. Einige Zeit später verließ uns dann Pol und Samu und ich machten es uns gemütlich.

Da er nicht selber essen konnte, wurde er von mir liebevoll zuerst mit Suppe gefüttert und dann mit Reis. Später folgten Nutellabrote und Haribo. Jaja ich war auf alles vorbereitet. Zwischendurch gab es immer wieder Tee für ihn zum Trinken. Irgendwann ist er dann eingeschlafen. Die Krankenschwestern haben mir das Bett neben Samuel zur Verfügung gestellt, damit ich mich etwas besser ausruhen konnte. Doch schlafen konnte ich nicht wirklich, da ich immer eine Auge „offen“ hatte, um auf Samuel zu blicken. Gegen 1 Uhr Nachts fing dieser an zu weinen, da er sich die Nadel der Infusion in seinen Arm gerammt hatte. Ich holte die Krankenschwester und diese entfernte die Nadel, damit sich sein Arm beruhigen konnte.

Am nächsten Tag war er dann schon so fit, das er duschen gehen konnte. Danach kamen die Ärzte vorbei, um nach Samuel zu sehen. Gegen 11 Uhr und einem Abschlussgespräch mit dem Arzt, durften wir das Krankenhaus verlassen.

Wer sein Röntgenbild sehen möchte:

Zum Abschluss möchte ich noch sagen, dass ich dies zwar alles gern gemacht habe, aber es ganz und klar nicht zu meinen Aufgaben als Volontärin zählt, eine Operation zu organisieren. Ich habe es für Samuel gemacht, da er mir am Herzen liegt. Leider kann ich nicht an seiner Seite sein, wenn er die Nägel rausbekommt. Aber lieber Samu – du schaffst das, du bist stärker als du denkst. ❤️

– Sarah

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